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Kai Sender
Sozialarbeiter
Bremen
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Abschied des eigenen Kindes

Ein lebenslanger Prozess

Der Verlust eines Kindes bedeutet für die betroffenen Familien einen Einschnitt, der alles verändert. Ein Ort der Erinnerung kann individuell gestaltet werden und die Betroffenen in ihrem Trauerprozess unterstützen. (Foto: Pixabay)

Bremen. Der Verlust des eigenen Kindes bedeutet für die Eltern oft, auch einen Teil von sich selbst zu verlieren. Bisherige gelebte Glaubenssätze erfahren eine Erschütterung und es erfordert eine Akzeptanz des Verlustes, sich mit den Trauergefühlen auseinanderzusetzen und Ausdrucksformen für diese zu finden. Für verwaiste Eltern gibt es spezielle Angebote, um sich untereinander auszutauschen oder professionelle Begleitung in Anspruch zu nehmen. In Bremen können sich betroffene Eltern unter anderem an den ambulanten Kinderhospizdienst Jona wenden.

„Es handelt sich um eine tiefe Zäsur und nichts ist danach, wie es war. Für die Eltern ist es oft schwierig, wenn Menschen im Umfeld sie nach einer gewissen Zeit auffordern, ins alte Leben zurückzufinden“, sagt Jutta Phipps, Trauerbegleiterin und Koordinatorin beim ambulanten Kinderhospizdienst Jona in Bremen. „Aber dieser schwerwiegende Verlust wird die Eltern ihr Leben lang begleiten. Über die Jahre wandelt sich die Trauer, man findet einen Umgang mit dem Schmerz und die Intensität verändert sich. Aber die Trauer selbst bleibt und ist auch ein Zeichen der Liebe zu dem verstorbenen Kind“, so Phipps weiter.

Die Verarbeitung der Trauer diene also eher dazu, einen Weg für sich zu finden, um mit dem Verlust leben zu lernen und auch wieder Freude in das eigene Leben zu lassen. Das sei laut Jutta Phipps häufig ein sehr langwieriger Prozess, der jedoch möglich sei.

Einfluss auf die gesamte Familie

Der Verlust eines Kindes stellt eine tiefe Krise dar und jede Krise bedeutet auch für die Partnerschaft eine besondere Herausforderung. „Hinzu kommt, dass Elternteile häufig unterschiedlich trauern oder sich zu unterschiedlichen Zeiten an verschiedenen Punkten des Trauerprozesses befinden. Es braucht einen Austausch darüber und eine gegenseitige Akzeptanz, den anderen so sein zu lassen, auch wenn es der eigenen Art des Umgangs vielleicht nicht entspricht“, erklärt die Trauerbegleiterin. Wenn das gelinge, können trauernde Paare sich durchaus stützen und einander hilfreich sein.

Nicht nur die Eltern, auch Geschwisterkinder trauern um den Verlust ihrer Schwester oder ihres Bruders und benötigen Unterstützung – auch von außen: „Kinder haben sehr feine Antennen und wollen ihre Eltern häufig schützen. Das kann dazu führen, dass sie ihre eigene Trauer weniger zeigen, um die Eltern nicht noch mehr zu belasten. Da ist es hilfreich, weitere Ansprechpartnerinnen oder Ansprechpartner für die Kinder ins Boot zu holen“, so Phipps. Gleichzeitig benötigen die Kinder den Familienalltag, feste Strukturen und Rituale, die Sicherheit vermitteln – etwas, das so bleibt, wie es immer war.

Hilfreich sei auch, wenn die Kinder von Anfang an in den Abschiedsprozess einbezogen werden: „Wenn sie darüber reden dürfen, dass die Schwester oder der Bruder sterben wird, sie Fragen stellen dürfen und auch ihre eigenen Sorgen gehört werden“, sagt Phipps. Kinder dürfen zudem auch erleben, wie Erwachsene trauern, und erkennen, dass die Tränen nicht verdrängt werden müssen. „Es hilft, wenn sie buchstäblich begreifen dürfen, dass das Geschwisterkind gestorben ist und es sehen dürfen – vorausgesetzt, sie möchten es auch“, so Phipps weiter. Nach dem Todesfall rät Phipps zudem, die Geschwisterkinder aktiv in das Abschiednehmen und die Trauerfeier einzubinden: „Das können ein gemalter Brief sein, die Auswahl des Liedes oder das Entzünden der Kerzen bei der Trauerfeier oder auch das Pflanzen der Lieblingsblumen an einem Erinnerungsort.“

Es gibt viele verschiedene Wege, wie betroffene Familien ihrer Trauer Ausdruck verleihen – sei es eine bunte individuelle Grabgestaltung, die Ausrichtung einer „Lebensfeier“ anstelle der Trauerfeier oder ein alljährliches Geburtstagspicknick mit Freunden am Grab inklusive Geburtstagskuchen und Luftballons. „Diese ganz eigenen Wege des Abschieds beeindrucken mich immer wieder aufs Neue. Aber auch, wie es Eltern gelingt, neben allem Schmerz auch eine tiefe Dankbarkeit und Verbundenheit zu spüren“ sagt Phipps.

Diese Verbindung entstehe laut Jutta Phipps auch dadurch, immer wieder über das verstorbene Kind zu sprechen. „Es ist heilsam, wenn trauernde Eltern ihre Erinnerungen teilen können und der Verlust als Thema nicht vermieden wird. So können sie sich weiterhin verbunden fühlen.“ Das brauche laut der Trauerbegleiterin von Außenstehenden manchmal etwas Mut, auch wenn die Worte fehlen. Die Angst, etwas Falsches zu sagen, sei groß und natürlich seien Eltern in der Situation auch sehr empfindsam. „Gleichzeitig brauchen Freunde und Familie ein gutes Gespür dafür, was gerade gebraucht wird. Das ist häufig sehr unterschiedlich und kann sich von jetzt auf gleich verändern“, sagt Jutta Phipps und rät, flexibel und tolerant im Umgang mit den Betroffenen zu sein.

In den ersten Wochen nach dem Todesfall sei außerdem ganz praktische Unterstützung hilfreich. „Mal das Kochen zu übernehmen, Fahrdienste für die Geschwisterkinder anzubieten oder Besorgungen zu erledigen – das hilft, den Alltag zu überstehen“, empfiehlt Phipps. Ein „Nein“ solle zudem nicht persönlich genommen werden oder verhindern, dass eine Unterstützung immer wieder von Neuem angeboten wird. „Hilfreich ist alleine schon das Signal, für die Betroffenen da zu sein, das Zuhören und die Anerkennung des Untröstlich-Seins“, sagt Phipps.

Ablenkung ist erlaubt

„Trauern kostet sehr viel Kraft und braucht durchaus auch mal Pausen“, gibt Jutta Phipps als wichtigen Hinweis sowohl für die betroffenen Eltern als auch deren soziales Umfeld. Deshalb sei es ist wichtig, zu versuchen, sich zwischendurch auch mal auf etwas anderes zu konzentrieren und sich selbst eine Ablenkung zu erlauben: „Ob das durch Sport, Musik, das Treffen mit Freundinnen oder Freunden oder sogar Tanzengehen möglich wird, ist einerlei und sollte nicht bewertet, sondern als individueller Weg durch die Trauer akzeptiert werden“, sagt Jutta Phipps.

Ein Licht geht um die Welt

Jedes Jahr sterben in Deutschland tausende Kinder und junge Erwachsene, weltweit sind es um ein Vielfaches mehr. Und überall bleiben trauernde Familienmitglieder und Freunde zurück, die täglich an diese Kinder denken. Doch einmal im Jahr wollen weltweit Betroffene nicht nur ihrer eigenen Töchter, Söhne, Schwestern, Brüder, und Enkelkinder gedenken. Jedes Jahr am zweiten Sonntag im Dezember stellen betroffene Familien um die ganze Welt um 19 Uhr leuchtende Kerzen in ihre Fenster. Während die Kerzen in der einen Zeitzone erlöschen, werden sie in der nächsten entzündet, sodass eine Lichterwelle 24 Stunden lang die ganze Welt umringt. Jedes Licht im Fenster steht dabei für ein verstorbenes Kind und für das Wissen, dass diese Kinder das Leben ihrer Familien und Freunde erhellt haben und dass sie unvergessen bleiben. Viele Städte organisieren zu diesem besonderen Gedenktag Veranstaltungen, um sich zu begegnen und auszutauschen.

Von Antonia Lühmann