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Kai Sender
Sozialarbeiter
Bremen
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Trauer mit mir

Gemeinsam Abschied nehmen

Bei Gespächen mit Angehörigen darf laut Bestatter Stefan Grawe (links) auch ruhig mal gelacht werden. (Foto: Bestattungen Vialdie)

Bremen. Hinter den lilafarbenen Außenwänden verstecken sich wohnlich eingerichtete Räume – man fühlt sich eher wie in einem Wohnzimmer als bei einem Bestattungsunternehmen. „Die wohnliche Atmosphäre soll helfen, die Angst vor dem ersten Gespräch mit dem Bestatter zu nehmen“, erklärt Stefan Grawe. Seit 17 Jahren begleitet der Inhaber von Bestattungen Vialdie Angehörige durch den gesamten Prozess von der Überführung bis hin zur Bestattung und Trauerfeier. „Für den Moment möchte ich die Menschen aus ihrer Trauer nehmen und Kraft vermitteln. Dann wird auch oft gelacht in den Gesprächen.“

Die Herausforderung im Umgang mit Trauernden sieht Stefan Grawe darin, ihnen eine gewisse Heiterkeit, Leichtigkeit und Lebensfreude zu suggerieren. „Die Trauer lastet schwer genug auf den Betroffenen. Das Vermissen bleibt, doch der Schmerz, der im Moment des Todes empfunden wird, vergeht irgendwann“, erzählt der Bestatter.

Stefan Grawes Philosophie verbindet deshalb Ernsthaftigkeit mit Leichtigkeit. „Die Angehörigen sollen sich nur um ihre Emotionen kümmern, dabei können Außenstehende nicht helfen. Dafür ist es umso wichtiger, ihnen ein Gefühl von Stärke zu vermitteln.“

Bei einem Todesfall gibt es viel zu erledigen, und viele Angehörige stehen laut Stefan Grawe zunächst hilflos vor der Organisation. „Diese Formalitäten sind in einem emotionalen Ausnahmezustand schwer zu bewältigen. Unsere Aufgabe besteht darin, die Menschen an die Hand zu nehmen und Empfehlungen auszusprechen“, sagt der Bestatter.

Nahestehenden von Trauernden rät Stefan Grawe, ihnen das Gefühl zu geben, für sie da zu sein. Das gelinge besonders gut, indem man die Menschen mal in den Arm nehme und für den Moment etwas Halt gebe. „Auch schweigen ist wichtig. Es ist besser, nichts zusagen, statt Ratschläge von sich zu geben. Generell finde ich Ehrlichkeit angemessener als Floskeln. Man muss Trauernden ihre Gefühle nicht erklären. Stattdessen sollte man ihnen lieber zuhören. Viele möchten gerne reden. Aber man sollte auch akzeptieren, wenn dies nicht der Fall ist“, sagt Stefan Grawe.

Weiter rät Grawe, auf Formulierungen wie „Du musst jetzt aber mal…“ zu verzichten. „Ich empfehle, lieber konkrete Angebote zu machen wie ‚Morgen mache ich einen Ausflug. Wenn du magst, hole ich dich ab.‘“ Und wenn derjenige nicht möchte, sei das auch völlig in Ordnung.

Schließlich wisse niemand wie die Trauer des anderen aussieht und was in dem Moment helfen könne. „Jeder trauert anders und auch unterschiedlich lang. Menschen gehen ganz unterschiedlich mit ihrer Trauer um. Manche räumen sofort die Schränke aus, andere lassen alles stehen, wie es war“, erklärt Stefan Grawe. Wichtig sei es jedoch, das Leben neu zu organisieren und zu gestalten.

Professionelle Unterstützung

Trauerbegleiter können Betroffenen bei dieser Neugestaltung unterstützend zur Seite stehen. Auch Besuche von Trauergruppen oder Trauercafés können diesen Prozess unterstützen. „Doch wenn nach einem Jahr noch das Gefühl der Trauer überwiegt, sollte man sich nicht scheuen, professionelle Hilfe aufzusuchen“, rät Grawe.

Der Bestatter kannte beispielsweise eine 60-jährige Witwe, die nach dem Tod ihres Mannes stark suizidgefährdet war. „Ohne ein großes gerahmtes Bild von ihm verließ sie nicht das Haus. Nachdem sie sich für professionelle Hilfe geöffnet hatte, stand sie voller Freude wieder im Leben – hatte einen neuen Job und später auch einen neuen Partner.“ Dieser positive Input, auch die langjährige Bindung zu Kunden über das Prozedere der Bestattung hinaus, sei wichtig, um den Beruf des Bestatters ausüben zu können, so Grawe.

Schlussapplaus für das Leben

Auch Trauerfeiern können Angehörigen helfen, Abschied zu nehmen. Trauerfeiern seien sehr individuell geworden, so fand die letzte Feier in einem Theater statt, weil der Verstorbene dort große Teile seiner Freizeit verbracht habe. „Es gab auch mal ein Konvoi aus Motorrädern zum Friedhof“, erzählt Grawe.

Die Rede bei Trauerfeiern nehme ebenfalls einen hohen Stellenwert ein. Laut Stefan Grawe dürfen darin auch spontane Erinnerungen ihren Platz finden. „Ich gehe zum Beispiel durch die Reihen und frage nach Anekdoten über den Verstorbenen. Oder ich frage den Enkel nach Opas Lieblingsessen. Es gefällt den meisten, die Trauerfeier aktiv mitzugestalten und nicht nur zuhören zu müssen. Wenn gewünscht, begleite ich diese auch gesanglich. Melodien aus Musicals oder Operetten sorgen für einen Überraschungseffekt.“

Stefan Grawe ist zufrieden mit der Trauerfeier, wenn auch mal gelächelt wurde. „Und schließlich bitte ich am Ende der Feier um einen Schlussapplaus – denn die Bühne des Lebens wird verlassen.“

Von Antonia Lühmann