Rita Hansen, gesch.Nordenholz

Rita Hansen, gesch.Nordenholz

geb. Schubert
* 14.03.1929 in Bremen
† 20.03.2007 in Son/Norwegen
Erstellt von Uwe Lindemann
Angelegt am 29.03.2012
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Kondolenzen (66)

Sie können das Kondolenzbuch nutzen, um den Angehörigen Ihr Beileid zu bekunden, Ihrer eigenen Trauer Ausdruck zu verleihen oder um dem Verstorbenen einige letzte Worte des Abschieds mitzugeben.

Kondolenz

29. Januar 2020: Einmal hin. Nichts mehr drin!

29.01.2020 um 19:27 Uhr von Uwe Lindemann

Liebe Mutti, ich habe traurige Nachrichten für Dich. 

Der 'Real-Markt' im Weserpark schließt am 1. Februar nach 30 Jahren für immer seine Pforten. Alles wird umgebaut für den 'Edeka-Markt', der Ende des Jahres neu eröffnet wird.

Der 15 000 qm große Markt, der viel mehr war als nur ein gewöhnlicher Supermarkt wie Lidl oder Aldi, war für Dich das reinste Einkaufsparadies. In Deinem kleinen Ort Son in Norwegen, gab es zwar auch einen Kaufladen, aber eben nur für das Nötigste und den täglichen Bedarf. Die riesige Auswahl des Real-Marktes strapazierte Dich, Dein Vorstellungsvermögen und Reisetaschengeld jedes Mal auf's Neue. Was hast Du nicht alles dort eingekauft! Wir mussten einen größeren Koffer kaufen und uns nach dem Packen beide draufsetzen, damit er zuging. 'Oh fa mei!' Was für ein komischer Anblick. Einmal platzte er in der Flughafenhalle auseinander und nur ein eiligst herbei geschafftes Kofferband hielt ihn provisorisch zusammen, verhinderte ein Desaster. Das war nicht lustig. Die Bodenstewardess rollte mit den Augen, als die Kofferwaage sich förmlich überschlug. 45 kg!! Sie sagte nichts und der Koffer verschwand Richtung Flugzeug. Hatte sie Mitleid mit der alten Frau? Glück gehabt.

 

Es ist alles so lange her, aber die Bilder in meinem Kopf - sie lassen mich nicht mehr los.

 

Wenn ich nun durch den leergefegten Markt gehe, kommen all die Erinnerungen wieder zurück. Die Musikberieselung vom Band vermittelt ein 'Titanic-Feeling', wie kurz vorm Untergang. Meine Schritte hallen, Traurigkeit überkommt mich. Leere Regale, wo noch vor wenigen Wochen der Weihnachtsvorverkauf auf Hochtouren lief. Selbst die Mäuse haben das sinkende 'Real-Schiff' verlassen. Zu holen gibt es hier nichts mehr. So viele Erinnerungen, so viele zufällige Begegnungen, so viele Gespräche zwischen Käseregalen und Tiefkühltruhen. Ein Treffpunkt vor allem auch für die ältere Generation in unserer Siedlung. Die angenehm breiten Gänge sorgten für Wohlfühlklima, selbst bei 40 Grad Außentemperaturen.

 

Wir beide, Du und ich, mit zwei vollen Einkaufswagen in der Schlange an der Kasse. Ganz aufgeregt warst Du. Dein Gesicht glühte. Was würde zu Hause Johan wohl dazu sagen? Ich konnte Dich so gut verstehen, hatte die schlechten Nachkriegsjahre ja life miterlebt. Einkaufen in Rönnebeck, das bedeutete 'Schlachter Porten', Kolonialwarenhändler 'Warnke Christoffers', der auch Bäcker war, sein Bruder 'Eisen-Christoffers', und der kleine Gemüseladen 'Schipper'. Das war's. Und nun diese Superlative 'Warenhaus'. Eine andere, fremde Welt. Und jetzt? Aus und vorbei. Fast mein halbes Leben lang war ich die beste Kundin, kannte alle Kassiererinnen und Verkäufer, die nun arbeitslos werden. Nicht wenige sind, so wie ich als Außenstehende, mit dem Laden alt geworden. Auf dem Arbeitsmarkt chancenlos. Um einen erneuten Streik zu vermeiden, erhielten alle zum 1. Mai 2019 ihre Kündigung. So einfach ist das.

 

Schnäppchenjäger durchwühlen die Körbe nach Sonderangeboten. Ein einsamer Hubwagenfahrer sammelt die letzten Kisten ein. Wie blanker Hohn klingt die Lautsprecherdurchsage, in der Real Azubis sucht. Kopfschütteln. Wie kann das sein, wo 277 Filialen verkauft werden sollen, was im Klartext bedeutet: 10 000 Arbeitslose??

'Der Laden war doch immer voll', sagen die Leute. 'Höhere Politik' sage ich.

 

 Mein letzter Einkauf: 50% auf alles, 9.80 € steht auf dem Kassenbon. Lachend sage ich zu der Kassiererin: 'So billig habe ich hier noch nie eingekauft'. 'Das glaube ich Ihnen', antwortet sie seufzend. Wir wünschen uns alles Gute. Ich sah sie nicht wieder.

 

Der Mietvertrag war abgelaufen. Eine günstige Gelegenheit für die 'Metro' den ungeliebten, unrentablen, aus der Zeit gefallenen Laden, loszuwerden. Der erste von 50, die folgen werden!!

In dieser 'Geld regiert die Welt' ist kein Platz mehr für Menschlichkeit.

 

Ich dachte, das solltest Du, die jetzt in einer besseren, schöneren Welt lebt, wissen.

 

Erinnerungen sind wie kleine Sterne,

sie leuchten im Dunkeln!

In ewiger Liebe, Deine Sigrid

 

Update 8.02.2020

Es ist vorbei. Eine hässliche graue Wand ist alles, was übrig geblieben ist,

versperrt den Blick auf die Realität. Dahinter: Eine gespenstische Stille.....

 

13.02.2020

Die Metro hat alle Real-Märkte verkauft, meldet die Presse!

 

23.02.2020

'Edeka' hat die grauen Wände mit Werbeplakaten zugekleistert.

Der Baulärm ist jetzt unüberhörbar geworden. Time is money!

 

'Real' ist nur noch Geschichte und ein Stück weit auch Teil unserer Geschichte.

 

 20.03.2020

Wegen einer Corona-Epidemie, die uns die Chinesen eingebrockt hat, ist der Weserpark bis auf einige wenige Geschäfte geschlossen. Weißt Du noch? Hat nicht schon früher oft Onkel Hermann von der 'gelben Gefahr' gesprochen? Allerdings in Zusammenhang mit Krieg. Wir kämen jetzt nicht mehr nach Norwegen, denn die Grenzen sind dicht. Uns droht sogar eine Ausgehsperre. Die Menschen hamstern in den Geschäften, wie zuletzt nach dem 2. Weltkrieg. Die Objekte der Begierde: Mehl, Nudeln und Klopapier! Ich muss in letzter Zeit öfter an einen Spruch von Dir denken: 'Und scheint die Sonne so warm, dann nehm ich Papier unter'n Arm'. In Anlehnung an die Plumpsklo-Ära. Was haben wir darüber gelacht, und am Lautesten Du. Die ältere Generation erzählt noch vor laufenden Kameras von 'zerschnittenem Zeitungspapier', wie früher in der schlechten Zeit. Nur, dass unsere Zeitung momentan immer dünner wird. Wenn Du sehen würdest, was hier in den Supermärkten abgeht, würdest Du mehrfach 'Herre Gud' rufen! Wie sehr mir doch Deine lustig-ironischen Sprüche fehlen. Niemand hatte das so gut drauf, wie Du, außer Opa up platt!

 

Schön war die Zeit, aber die Erinnerung bleibt!

 

Ich glaube, dass wir früher, obwohl wir arm waren, viel mehr gelacht, gesungen, musiziert, getrunken, gespielt und getanzt haben, als heute. Bei uns war immer 'Halligalli' und 'blauer Dunst' (Ami-Zigaretten) in der Wohnung. Alle waren jung und froh, den Krieg überlebt zu haben.

 

Ich kann es gar nicht oft genug betonen: Ich war mit der Familie gesegnet!

 

 

Kondolenz

7. Januar 2020

07.01.2020 um 17:43 Uhr von Uwe Lindemann

Liebe Mutti, wir wünschen Dir im Himmel ein frohes neues Jahr. Ich hoffe, es geht Dir da oben gut. Es gab an vier aufeinander folgenden Abenden im Fernsehen einen Film über die dramatische Fahrt eines U-Bootes im 2. Weltkrieg. Plötzlich sah ich eine junge Französin und ich sagte zu Uwe: Die sieht aus wie meine Mutter in jungen Jahren. Die gleiche schlanke Figur, die großen blauen Augen und die halblangen welligen schwarzen Haare. Wie gebannt schaute ich auf dieses Gesicht, das wie ein Spiegelbild von Dir war. Es war Krieg und sie wurde leider von betrunkenen Marinesoldaten ermordet. Im zweiten Teil des Filmes sah ich sie nicht wieder.

Ich sehe mir diese Filme gerne an, um besser zu verstehen, wie es Euch damals ergangen ist. Es gibt so viele offene Fragen und ich suche nach Antworten, die mir keiner mehr geben kann.

Du fehlst mir so sehr!

In Liebe Deine Sigrid

 

Kondolenz

9. September 2019

09.09.2019 um 18:43 Uhr

Liebe Mutti,

in der vergangenen Woche hat es aus bis heute unerklärlichen Gründen in unserem schönen Cinestar Kristallpalast gebrannt. Vermutet wird ein technischer Defekt. Das Gebäude ist geschlossen. Als ich heute in Richtung Weserpark fuhr und an der Ampel längere Zeit warten musste, wurden alte Erinnerungen wieder wach. Bei Deinen Besuchen in Bremen waren ein Kinoabend mit vorherigem Essen im 'Stikees' ein Highlight für uns beide ganz allein. Nach dem Kino gönnten wir uns noch ein Eis, bevor wir zu 'Corri' nach Hause gingen. Wehmut überkam mich, wenn ich Dein trauriges Gesicht sah: 'So etwas können wir uns in Norwegen nicht leisten, aber ja wir machen das Beste daraus.' Worte, die ich nie vergessen habe. Es ist so lange her. Das Kino gibt es jetzt seit 20 Jahren! Plötzlich schlug die Ampel um auf 'grün' und riss mich gnadenlos raus aus meinen traurigen Gedanken. Ich warf einen letzten Blick auf die verwaiste Eingangstür. So oft bin ich in den letzten Jahren, fast wöchentlich, am Kino vorbeigefahren. Warum musste ich ausgerechnet heute an Dich und den Spaß, den wir dort hatten, denken?

 

Wieder einmal wurde mir mit aller Brutalität vor Augen geführt, wie sehr Du mir fehlst und was ich nicht alles dafür geben würde, Dich zurückzuholen von dort, wo Du jetzt bist. Die Wochen, in denen Du bei uns warst, waren so kostbar, auch wenn es Dir nicht immer gut ging. Vergessen werde ich es nie!!

 

In ewiger Liebe

Deine Sigrid

Kondolenz

21. Juli 2018

21.07.2018 um 17:52 Uhr

Liebe Mutti,

es ist der längste und trockenste Sommer, so lange ich denken kann. Stell Dir vor, in Schweden brennen die Wälder und die Löschmannschaften, u.a. auch Hubschrauber aus Norwegen, können nichts mehr ausrichten, nur Schadensbegrenzung aus der Luft. Traurig für die herrlichen Wälder, die Elche, die Rentiere, die Hirsche und all die anderen Tiere, die nun den Flammen zum Opfer fallen. Viele hundert Menschen verlieren ihr Zuhause. Eine Tragödie ungeahnten Ausmaßes! So eine Trockenheit und Hitze hat es in Skandinavien seit 260 Jahren nicht mehr gegeben! Selbst in Lappland und am Polarkreis herrschen Temperaturen von über 30 Grad, wo es sonst zu dieser Jahreszeit gerade mal 15 Grad warm ist. Kannst Du Dir so etwas vorstellen? Sei froh, dass Du das nicht mehr miterleben musst, wo Du doch Hitze nie besonders gut abkonntest. Auch bei uns hat es seit Mitte April nicht mehr geregnet, überall verbrannte Erde. Unser Garten sieht traurig aus. die ganze Sprengerei erreicht die Wurzeln nicht.

 

Und dennoch wäre ich jetzt gern irgendwo im hohen Norden und würde mit Dhima im Arm in den grandiosen Sternenhimmel schauen, wie es ihn sonst nirgends auf der Welt gibt. Nur Du würdest fehlen. Ich weiß, ich hab's vermasselt. Deinen großen Wunsch konnte ich Dir nicht erfüllen. Der richtige Zeitpunkt war nie gegeben. Jetzt ist es zu spät und ich bereue nichts mehr als das!

 

In ewiger Liebe Deine Sigrid und Dhima

Kondolenz

Operation

03.11.2017 um 18:20 Uhr

Liebe Mutti, habe heute leider keine guten Nachrichten für Dich. Deine Tochter ist an einer Aortenklappenstenose erkrankt und muss am 9. November operiert werden. Eine überlebenswichtige Operation, leider. Ich habe natürlich große Angst, obwohl es eine Routineoperation ist, die meine verlorengeganene Lebensqualität zurückbringen wird. Habe ich diese Erkrankung von Deiner Mutter und Deiner Schwester geerbt, die beide an Herzerkrankungen gestorben sind? Wer weiß das schon. Zum ersten Mal in meinem Leben kann ich nachvollziehen, was es bedeutet unter Panikattacken zu leiden, die Du ja auch hattest und die ich mir nie erklären konnte und nicht ernstgenommen habe. Ein schwerer Fehler, den ich heute bereue und nie wiedergutmachen kann. Vielleicht hattest auch Du diesen erblich bedingten Herzfehler und kein Arzt hat das überprüft?? Dein blasses Gesicht und Deine Kurzatmigkeit auf unseren gemeinsamen Spaziergängen hatte ich Deinem Übergewicht geschuldet und entsprechend kommentiert. Waren sie in Wahrheit ein Alarmzeichen? Wenn ich im Sommer in Bollen über den Deich geschlichen bin, musste ich unwillkürlich an Dich denken. Natürlich wäre es schön, wenn Vati und Du mich im Krankenhaus besuchen kommen könntet, um mir Trost und Mut zu spenden, so wie damals, als ich mit 16 Jahren am Blinddarm operiert wurde und in Euren Armen geheult habe, wie ein Schlosshund. Bei meinem tränenerstickten Geschluchze: 'Morgen komm ich unter's Messer', konntet Ihr Euch das Grinsen kaum verkneifen. Drama pur. Jetzt sind Uwe und Dhima da und helfen mir. Wenn ich nach zehn Tagen wieder nach Hause komme, bin ich gesund und kann in mein altes Leben zurückkehren, Ihr konntet das leider nicht und mit Euch tausend andere, die z.B. an Krebs erkrankt sind, auch nicht. Das darf man nie vergessen.

 

Mach Dir keine Sorgen (machst Du natürlich doch, so wie Du Dich Dein ganzes Leben lang um mich gesorgt hast, manchmal schon des Guten zuviel!), und vertraue auf meinen Lebenswillen! Ich habe noch viel vor und meine Zeit ist noch längst nicht gekommen!!

 

Denk an mich und drück mir die Daumen, dass alles gut wird!

 

Ich liebe und vermisse Dich von Herzen und bleibe für immer Deine kleine Tochter!

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