Alice Herz-Sommer

Alice Herz-Sommer

* 26.11.1903 in Holocaust-Überlebende
† 23.02.2014 in Holocaust-Überlebende
Erstellt von WESER-KURIER Familienportale
Angelegt am 25.02.2014
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Über den Trauerfall (1)

Hier finden Sie ganz besondere Erinnerungen an Alice Herz-Sommer, wie z.B. Bilder von schönen Momenten, die Trauerrede oder die Lebensgeschichte.

Älteste Holocaust-Überlebende mit 110 Jahren gestorben

25.02.2014 um 10:48 Uhr von WESER-KURIER

Alice Herz-Sommer verlor fast ihre gesamte Familie in der NS-Zeit

(www.weser-kurier.de vom 25.2.2014 von BARBARA KLIMKE)

London. „Das Leben ist wunderbar“, sagte Alice Herz-Sommer, „es ist voller Schönheit und Zauber. Unser Gehirn, die Erinnerungsgabe, Kunst und Musik – ist das nicht alles herrlich?“ Der Optimismus, der feste Wille, das Gute und Bewundernswerte in der Welt zu sehen, hat die Pianistin 110 Jahre alt werden lassen, und er hat sie durch die dunkelsten Stunden, die tiefsten Abgründe der Menschheit getragen. Am Sonntagmorgen ist Alice Herz-Sommer, die älteste Überlebende des Holocaust, in einem London Krankenhaus gestorben. Bis zuletzt, so heißt es, hat sie täglich Schubert und Bach gespielt.


Vor einigen Jahren saß die kleine, zierliche Frau in einem Sessel in ihrer Nord-Londoner Zweizimmerwohnung dem Chefredakteur der Zeitung „Guardian“ gegenüber. Sie erzählte vom Elend des Prager Gettos, vom Überleben der zweijährigen Gefangenschaft im Konzentrationslager Theresienstadt, von der Ermordung ihres Mannes und ihrer Familie mit einer Klarheit der Erinnerung, die ihren Gesprächspartner erstaunte. Vor allem aber war es das Fehlen jeder Bitterkeit, jedes Zorns, jedes Vorwurfs, das jedem, der ihre ergreifende Geschichte kannte, als bemerkenswert erschien – so, als werde Alice Herz-Sommer von einem nahezu religiösen Wunsch nach Optimismus getragen, wie Alan Rusbridger damals schrieb. Eine kurze Film-Dokumentation ihres Lebens ist nun für den diesjährigen Oscar nominiert.

Alice Herz-Sommer wurde am 26. November 1903 mit ihrer Zwillingsschwester als Tochter eines jüdischen Unternehmers in Prag geboren. Ihre Mutter war als Kind mit Gustav Mahler befreundet, sie selbst lernte das Klavierspielen bei Conrad Ansorge, einem Schüler des Komponisten Franz Liszt. In ihrem Elternhaus, einem intellektuellen Salon, gingen Schauspieler, Philosophen und Schriftsteller ein und aus.

Alice wurde Konzertpianistin, heiratete 1931 einen Musiker und brachte 1937 einen Sohn, Raphael, zur Welt, einen späteren Cellisten. Mit dem Einmarsch der deutschen Truppen in Prag begann der grausame Vernichtungsfeldzug gegen ihre jüdische Familie. Alice Herz-Sommer musste erleben, wie die nationalsozialistischen Schergen 1942 ihre Mutter abtransportierten. Ein Jahr später wurde sie mit ihrem Mann Leopold und ihrem Sohn ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert.

Es war absurderweise ihr europaweiter Ruf, der sie im Vernichtungslager womöglich gerettet hat. Die Nazis ließen sie und andere Musiker, bis auf die Knochen abgemagert, vor anderen Häftlingen spielen. „Wir mussten spielen, weil das Rote Kreuz kam und die Deutschen vorgaukeln wollten, dass wir ein gutes Leben hatten“, erzählte sie dem „Guardian“.

1944 wurde ihr Ehrmann Leopold nach Auschwitz deportiert. Er starb nach einem Martyrium in mehreren Vernichtungslagern sechs Wochen vor Kriegsende an Typhus. Alice Herz-Sommer versuchte nach der Befreiung Theresienstadts 1945, mit ihrem Sohn in Prag zu leben. „Es war schmerzlich“, erinnerte sie sich: „Niemand kam zurück.“ Sie zog nach Israel und unterrichtete Musik. 1986 folgte sie ihrem Sohn, inzwischen ein Konzertcellist, nach London. Über das, was die Nazis ihr und ihrer Familie antaten, hat sie nur selten mit ihm gesprochen: „Ich wollte nicht, dass er mit Hass aufwächst, denn Hass bring Hass hervor.“