Wolfgang Herrndorf

Wolfgang Herrndorf

* 12.06.1965
† 26.08.2013 in Deutscher Autor
Erstellt von WESER-KURIER Familienportale
Angelegt am 29.08.2013
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Über den Trauerfall (3)

Hier finden Sie ganz besondere Erinnerungen an Wolfgang Herrndorf, wie z.B. Bilder von schönen Momenten, die Trauerrede oder die Lebensgeschichte.

28.08.2013 um 15:42 Uhr von WESER-KURIER
Foto 1 für Wolfgang Herrndorf

28.08.2013 um 15:41 Uhr von WESER-KURIER
Foto 2 für Wolfgang Herrndorf

Wolfgang Herrndorf mit 48 Jahren gestorben

28.08.2013 um 15:40 Uhr von WESER-KURIER

(www.weser-kurier.de vom 28.08.2013)

 

Von Nada Weigelt

 

Im Lada Richtung Walachei: Mit seinem Abenteuerroman „Tschick“ stand Wolfgang Herrndorf wochenlang auf den Bestsellerlisten. Jetzt ist der Berliner Autor mit 48 Jahren seinem langen Krebsleiden erlegen. Als Wolfgang Herrndorf im vergangenen Jahr den renommierten Preis der Leipziger Buchmesse erhielt, konnte er die Auszeichnung nicht mehr selbst entgegennehmen. Durch einen Freund ließ er ein afrikanisches Sprichwort übermitteln: „Die Sonne geht immer hinter der Düne unter, die Dir gerade am nächsten ist.“

 

 

2010 hatte der gebürtige Hamburger mit seinem Roman „Tschick“ den Überraschungserfolg des Jahres gelandet. Das Buch stand monatelang auf den Bestsellerlisten, erhielt den Deutschen Jugendliteraturpreis 2011 und hat sich inzwischen schon mehr als eine millionmal verkauft. Die abenteuerliche Lada-Fahrt der beiden Freunde Maik und Andrej quer durch Ostdeutschland rührte viele Leser ans Herz. „Ein großartiges Buch, egal, ob man nun dreizehn, dreißig oder gefühlte dreihundert ist“, befand die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“.

 

Nur wenige Monate vor dem Druck des Romans wurde bei Herrndorf ein bösartiger Gehirntumor diagnostiziert. Prognose: nicht heilbar. Seither gab er in seinem Blog „Arbeit und Struktur“ (www.wolfgang-herrndorf.de) regelmäßig Auskunft über sein Leben mit dem Tod. Am 8. März 2010, nach einer Einlieferung in die Psychiatrie begonnen, ist das Internet-Tagebuch ein ebenso erschütterndes wie bitter-komisches Dokument von Wut und Verzweiflung, Angst und Überlebenskampf. „Gib mir ein Jahr, Herrgott, an den ich nicht glaube, und ich werde fertig mit allem“, schreibt er zu Beginn. Doch so soll es nicht kommen. Wider alles Erwarten bringt er trotzdem auch seinen nächsten Roman „Sand“ zu Ende, ein brillantes Vexierspiel um Gewalt und Verfolgung, Selbstsuche und Tod. Der ebenso rätselhafte wie großartige Agententhriller aus der afrikanischen Wüste trägt ihm 2012 den Leipziger Buchpreis, später zusätzlich eine Nominierung für den Deutschen Buchpreis ein. „Wenn man den Anspruch hat, die feinsinnigsten, innovativsten und genauesten Erzählungen zu benennen, dann muss Herrndorf dabei sein“, begründete Jurychef Andreas Isenschmid damals den ungewöhnlichen Doppelschlag.

 

Dabei hatte Herrndorf ursprünglich gar nicht Schriftsteller werden wollen. 1965 in Hamburg geboren und in einem „sehr kleinbürgerlichen Haushalt“ ohne Literatur aufgewachsen, hatte er Kunst studiert und zunächst in Berlin als Illustrator gearbeitet – unter anderem für das Satiremagazin „Titanic“. Sein erster Roman „In Plüschgewittern“ (2002) fand noch wenig Aufmerksamkeit. Doch schon beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb 2004 konnte der Newcomer mit einer Kurzgeschichte den Publikumspreis einheimsen. Die Story erschien später mit anderen Erzählungen unter dem Titel „Diesseits des Van-Allen-Gürtels“ (2007).

 

Die letzten Einträge in seinem Blog zeugen erschütternd davon, wie der große Sprachkünstler immer mehr seine Worte verliert. „Ich bin nicht der Mann, der ich einmal war. Meine Freunde reden mit einem Zombie“, schrieb er Anfang Juli. Und einige Tage später folgte ein Gedicht: „Niemand kommt an mich heran / bis an die Stunde meines Todes. / Und auch dann wird niemand kommen. / Nichts wird kommen, und es ist in meiner Hand.“