Paul Kuhn

Paul Kuhn

* 12.03.1928
† 23.09.2013 in Jazz-Pianist
Erstellt von WESER-KURIER Familienportale
Angelegt am 24.09.2013
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Lieber Paul, ein Freund aus Deinen Berliner Zeiten. es war unglaublich mit Dir und zu jammen!! Marty

24.09.2013 um 08:54 Uhr von WESER-KURIER
Foto 3 für Paul Kuhn

24.09.2013 um 08:54 Uhr von WESER-KURIER
Foto 4 für Paul Kuhn

Sie nannten ihn Paulchen

24.09.2013 um 08:48 Uhr von WESER-KURIER

(www.weser-kurier.de vom 24.09.2013)

 

Schlagerinterpret, Unterhaltungsmusiker, aber vor allem einer der genialsten Jazzmusiker Deutschlands: Paul Kuhn ist im Alter von 85 Jahren verstorben.

 

Sie nannten ihn 'Paulchen'. Bereits bei seinem ersten großen Hit 1954, 'Der Mann am Klavier', stand als Interpret nicht etwa der Name Paul Kuhn, sondern 'Paulchen am Klavier' auf dem Vinyl zu lesen. Und in gewisser Weise passte dieser volksnahe Spitzname auch: Mit Stimmungsliedern und Schunkelschlagern verbreitete Paul Kuhn gesellige, gut gelaunte Stimmung in Wirtschaftswunder-Deutschland. Als Leiter der SFB Big Band war er seit den späten 60er-Jahren jahrelang fester Bestandteil von großen TV-Shows mit Peter Alexander, Peter Frankenfeld und Harald Juhnke. Er schaffte es, Jazz und Swing bei einem breiten Publikum populär zu machen, ohne jemals den musikalischen Zeigefinger zu erheben. Mit Paul Kuhn, der in der Nacht zum Montag mit 85 Jahren verstorben ist, verliert Deutschland einen beliebten Unterhaltungskünstler. Aber vor allem einen genialen Jazzmusiker, Komponisten und Arrangeur.

 

Aus seinen musikalischen Vorlieben machte Kuhn nie einen Hehl: Er spiele am liebsten das, 'was mir am besten liegt, so zwischen Bebop und Swing', erklärte er einst in einem Interview. Kuhn, am 12. März 1928 in Wiesbaden geboren, lernte bereits als Kind und Jugendlicher Akkordeon, Klavier und Klarinette, studierte ab seinem 17. Lebensjahr am Konservatorium seiner Heimatstadt. Und seine Liebe zum Swing, zu dessen großem Bandleader Count Basie, erwachte in der Nachkriegszeit durch die Musik der amerikanischen und englischen Soldatensender: 'Nichts habe ich lieber gehört, und irgendwann entschied ich mich für diese Musik: Das wollte ich auch spielen.'

 

Schon bald sollte Kuhn selbst dort zu hören sein: 'Als gebürtiger Wiesbadener spielte ich in der Nachkriegszeit in Frankfurter Clubs', erinnerte sich Kuhn. 'Frankfurt gehörte damals zur amerikanischen Besatzungszone. Ich lernte bei einem dieser Club-Auftritte einen amerikanischen Gitarristen kennen, der in der Band des Senders spielte und der mich dort dazuholte.'

 

Beim Soldatensender AFN bekam Kuhn sein erstes Engagement. Und ähnlich wie etwa bei Big-Band-Legende James Last war der Schritt von anspruchsvoller Jazz- zu leichterer Unterhaltungsmusik, vom Jazz-Club ins Radio 'kein so großer Sprung', so Kuhn. 'Es war ja absehbar, dass die Amerikaner nicht ewig mit so vielen Truppen in Deutschland bleiben würden, also musste ich mir Gedanken machen, womit ich mein Geld künftig verdienen wollte. Ich begann, Arrangements für den Hessischen Rundfunk zu schreiben und leitete dort bald eine eigene Combo. In dieser Zeit wurde ein Agent einer Plattenfirma auf mich aufmerksam und bot mir Aufnahmen an. So entstand bald darauf in Köln 'Der Mann am Klavier'.' Mit dem Lied gelang Kuhn der Durchbruch - ungewollt. Er gab offen zu, sich bei der Aufnahme des Songs 'ein bisschen gelangweilt' zu haben. Dass sein gerade etwas teilnahmsloser Gesang zu seinem Markenzeichen werden sollte, konnte er nicht ahnen.

 

Auch wenn der Erfolg keineswegs geplant war: Die von Schlager-Produzent Horst-Heinz Henning komponierte Single verkaufte sich über 250.000 Mal, Stimmungshits wie 'Kein Bier auf Hawaii', 'Mein Dackel Waldemar und ich' und 'Milch macht müde Männer munter' sowie mit 'Meine dunkelblauen Wildlederschuhe' sogar eine Elvis-Presley-Coverversion sollten in den kommenden Jahren folgen. Doch Kuhn schämte sich nicht für diese Arbeit. 'Mit Schlagern konnte man wesentlich mehr Geld verdienen als mit Jazz', erklärte er einst.

 

Zudem verstand sich Kuhn selbst als variabler Jazzmusiker, der keine Angst vor vermeintlichen musikalischen Grenzen kannte: Er arrangierte und komponierte Musik für Filme wie 'Drillinge an Bord' (1954), produzierte und förderte Künstler wie Ralf Bendix, Rocco Granata und Howard Carpendale und hatte mit 'Paul's Party' eine eigene Schlagersendung in der ARD. Er spielte mit seinem Orchester Jazz und leichte Unterhaltungsmusik gleichermaßen, untermalte mit seiner Big Band große TV-Shows und begleitete Peter Alexander in den 80er-Jahren auf Tournee. Vor allem aber erarbeitete er sich einen exzellenten Ruf als genialer und kenntnisreicher Jazz-Pianist. Der überfällige Lohn: 2010 erhielt Kuhn den Echo Jazz für sein Lebenswerk als Pianist, Dirigent und Komponist.

 

Hunderte von Jazz-Standards beherrschte Kuhn angeblich im Schlaf, auch im hohen Alter noch. 'Eine Stunde'Übung, so der Pianist in einem 'Zeit'-Interview zu seinem 85. Geburtstag, 'sollte es schon sein. Das schaffe ich nicht immer, aber wenn ich zu Hause bin, habe ich Zeit.' Und Zeit blieb dem umtriebigen Musiker auch in den letzten Jahren seiner Karriere nur wenig: Seit den 90er-Jahren veröffentlichte er regelmäßig Musik mit seinem Paul Kuhn Trio, ging zusammen mit den zwei weiteren 'Swing Legenden', Hugo Strasser und Max Greger, auf ausgedehnte Tourneen. Nichtsdestotrotz: Für viele Menschen blieb er 'Paulchen'. 'Oft fragen mich Leute nach meinen Auftritten, warum ich die alten Schlager nicht spiele', erzählte Kuhn in einem Interview. 'Und die Antwort ist ganz einfach: Sie passen nicht in mein heutiges Jazz-Programm. Ich verstehe gut, dass mich zahlreiche Zuhörer nur von diesen Stücken kennen. Trotzdem ist es schade, wenn mich ein Teil des Publikums nicht als Jazz-Musiker wahrnimmt.'

 

Von Stefan Weber

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