Alexander Schalck-Golodkowski

Alexander Schalck-Golodkowski

* 03.07.1932 in Wirtschaftsfunktionär
† 21.06.2015 in Wirtschaftsfunktionär
Erstellt von
Angelegt am 26.06.2015
4.401 Besuche

Neueste Einträge (4)

Gedenkkerze

Sabine

Entzündet am 07.08.2021 um 19:28 Uhr

Ich hoffe, du schmorst in der Hölle.

Früherer DDR-Devisenhändler Schalck-Golodkowski gestorben

26.06.2015 um 10:31 Uhr von WESER-KURIER
SED-Wirtschaftsfunktionär Schalck-Golodkowski © dpa
Schalck-Golodkowski lebte zuletzt zurückgezogen am oberbayerischen Tegernsee. Foto: Andreas Altwein (dpa)
 

Auch die Witwe bestätigte den Tod ihres Mannes. Am 3. Juli hätte Schalck-Golodkowski seinen 83. Geburtstag gefeiert. Zuerst hatte die «Bild»-Zeitung über seinen Tod berichtet.

 

Der gebürtige Berliner hatte 1983 mit dem damaligen CSU-Chef Franz Josef Strauß einen Milliardenkredit für die DDR ausgehandelt. Das Geschäft in D-Mark bewahrte das sozialistische Land seinerzeit womöglich vor dem Staatsbankrott. Der gelernte Feinmechaniker und promovierte Diplom-Außenhandelswirtschaftler war im Rang eines Staatssekretärs Chef der mächtigen «Kommerziellen Koordinierung» (KoKo) in der DDR. Er beschaffte für das Regime von Staatschef Erich Honecker über Jahrzehnte Milliardensummen an Devisen. Die Bewohner der Prominentensiedlung Wandlitz, wo Honeckers Führungsriege lebte, versorgte er mit Luxusgütern.

 

Alexander Schalck-Golodkowski © dpa
Die letzte öffentliche Äußerung von Schalck-Golodkowski stammt aus dem Jahr 2000. Damals sagte er über seine Tätigkeit für die DDR: «Ick hab' nich beschafft, ick hab' erarbeitet.» Foto: Andreas Altwein/Archiv (dpa)
 

Zudem war die finanzielle Abwicklung von Häftlings-Freikäufen eine seiner Aufgaben. Dazu unterhielt Schalck-Golodkowski, der zeitweise auch dem Zentralkomitee der SED angehörte, Kontakte zu den Leitern der Ständigen Vertretung in Ost-Berlin, Günter Gaus, Klaus Bölling und Hans Otto Bräutigam. Sie schilderten ihn als durchsetzungsstarken Unterhändler. Schalck-Golodkowski hatte auch Verbindungen zum Staatssicherheitsdienst (Stasi) der DDR.

 

In der Nacht zum 3. Dezember 1989 suchte Schalck-Golodkowski in West-Berlin Schutz vor dem zerfallenden Unrechtssystem der DDR. Nach der Wende stellte er sich der bundesdeutschen Justiz und kam für einige Wochen in Untersuchungshaft. Dem Bundesnachrichtendienst gab er sein umfangreiches Wissen über das Geschäftsgebaren der KoKo preis.

 

Treffen in Leipzig © dpa
Franz-Josef Strauß (M) wird am 11.03.1984 auf dem Leipziger Flughafen Schkeuditz von Schalck-Golodkowski begrüßt. Strauß traf zu einem eintägigen Besuch der Leipziger Messe ein. Foto: ADN/ZB (dpa)
 

Mitte der 1990er Jahre erhielt Schalck-Golodkowski wegen illegaler Waffengeschäfte und Embargovergehen Bewährungsstrafen. Doch dank seiner jahrzehntelangen guten deutsch-deutschen Kontakte und mit Hilfe alter Freunde brachte er es auch im vereinigten Deutschland rasch wieder zu einigem Wohlstand.

 

Schalck-Golodkowski lebte seit fast 25 Jahren zurückgezogen mit seiner zweiten Ehefrau Sigrid in Rottach-Egern am oberbayerischen Tegernsee. Interviews verweigerte er sich seit langem beharrlich. Mit der DDR hatte er nach Aussage von Freunden längst abgeschlossen. Schalck-Golodkowski unterhielt so gut wie keine Kontakte mehr zu Weggefährten aus DDR-Zeiten, auch nicht zu Honeckers 88 Jahre alter Witwe Margot, die nahe Santiago de Chile lebt.

 

Gauck und Schalck-Golodkowski © dpa
1991 traf der Ex-SED-Funktionär in der Sat-1 Talkshow «Talk im Turm» mit Joachim Gauck (l) zusammen, der damals Bundesbeauftragter für die Stasi-Akten war. Foto: Wolfgang Kumm/Archiv (dpa)
 

Der groß gewachsene Mann - seine früheren Mitarbeiter nannten ihn «dicker Alex» - kämpfte seit Jahren gegen gesundheitliche Probleme. Einheimische sahen ihn bis vor kurzem dennoch gelegentlich auf einen Gehstock gestützt beim Spaziergang durch den Kurort.

 

Die letzte öffentliche Äußerung von Schalck-Golodkowski stammt aus einer Talkshow im Jahr 2000. Damals sagte er über seine Tätigkeit für die DDR: «Ick hab' nich beschafft, ick hab' erarbeitet.» Und fügte im berlinerischen Dialekt hinzu: «Ick hab' für die DDR gekämpft, und wir haben am Ende verloren.»

 

Untersuchungsausschuss

Der Devisenbeschaffer

26.06.2015 um 10:25 Uhr von WESER-KURIER
action_10630690.jpg © GRABKA,THOMAS, action press
Alexander Schalck-Golodkowski – das Foto zeigt ihn im Jahre 2000 – fädelte 1983 einen Milliardenkredit für die DDR ein. Jetzt ist er in Rottach-Egern gestorben. (GRABKA,THOMAS, action press)
 

Der groß gewachsene Devisenbeschaffer war einer der engsten Vertrauten des DDR-Machtzentrums um Erich Honecker, Erich Mielke und Günter Mittag. Nicht nur weil er seine Genossen deutlich überragte, sondern auch wegen seiner umtriebigen Geschäftstätigkeit wurde er intern der „große Alex“ genannt. Schalck-Golodkowski, gelernter Feinmechaniker und Diplom-Wirtschafter, gehörte seit den 50er-Jahren dem Außenhandelsministerium an. Er entwickelte die Abteilung „Kommerzielle Koordinierung“, zu der Ende der 80er-Jahre rund 200 Firmen gehörten.

 

Das „Koko“-Imperium arbeitete jenseits der Planwirtschaft nach dem Motto „Devisen erwirtschaften – egal wie“. Kunstwerke, Antiquitäten, Schmuck und Waffen, aber auch Fleisch- und Milchprodukte gehörten zu den wichtigsten Einnahmequellen bei den Geschäften mit dem „nichtsozialistischen“ Ausland. Um an devisenbringende Schätze zu gelangen, ging „Koko“, mitunter mit Hilfe der Stasi, nicht zimperlich vor: Privatpersonen, insbesondere Bürger, die Ausreiseanträge gestellt hatten, aber auch Museen und Sammlungen wurden häufig schwer unter Druck gesetzt. Mit rund 25 Milliarden D-Mark soll „Koko“ im Laufe der Zeit den SED-Staat gestützt haben.

 

Schalck-Golodkowski war seit Mitte der 70er-Jahre auch für den von den Bundesregierungen finanzierten Freikauf von Häftlingen und für Familienzusammenführungen zuständig. Als „persönlicher Beauftragter“ von Staatschef Honeckers avancierte er zum wichtigste Unterhändler der DDR bei innerdeutschen Verhandlungen. Er baute in dieser Funktion enge Verbindungen nicht nur zu westdeutschen Behörden und Firmen, sondern knüpfte auch persönliche Kontakte zum damaligen CSU-Chef Franz Josef Strauß. Dabei half der bayerische Fleischgroßhändler und Strauß-Freund Josef März, der Schalck-Golodkowski durch seine DDR-Geschäfte bereits zuvor kannte. Dieses „vertrauensvolle“ Verhältnis, wie es von beiden Seite hieß, half dann 1983 jenen damals aufsehenerregenden Milliardenkredit einzufädeln, der der DDR für einige Jahre das Überleben sicherte: ein Bankenkonsortium, unter Führung der Bayerischen Landesbank, gewährte der DDR jenen Kredit, die Bundesregierung bürgte. Der in der DDR hochdekorierte Funktionär war als Staatssekretär direkt dem Wirtschaftslenker Mittag unterstellt und als Stasi-„Offizier im besonderen Einsatz“ (OibE) Mielke berichtspflichtig.

 

Nach der Absetzung der alten SED-Führungsriege und dem Mauerfall wurde für den „Koko“-Chef in der DDR die Luft immer dünner. „Ich fühlte mich von meinem Staat, meiner Partei und dem MfS (Ministerium für Staatssicherheit) verlassen“, schrieb er in seinen „Deutsch-deutschen Erinnerungen“. Am 2. Dezember 1989 setzte er sich mit seiner Frau Sigrid nach West-Berlin ab, kam ein paar Wochen in U-Haft und übersiedelte nach Bayern.

 

Fast ein Jahrzehnt lang beschäftigte er dann die Justiz und Parlamentsausschüsse; es gab dutzendweise Ermittlungsverfahren – doch verurteilt wurde er lediglich wegen Verstößen gegen ein altes Militärregierungsgesetz von 1949 zu insgesamt 16 Monaten Gefängnis auf Bewährung. Mit dem Verschwinden von Devisen-Milliarden aus den „Koko“-Kassen in der Umbruchzeit soll er nichts zu tun gehabt haben; jedenfalls verliefen alle Nachforschungen im Sande. In seinem Buch beschreibt er sich als „ehrbaren Kaufmann“, der von Ex-Genossen und Medien zum „Sündenbock für die skandalösen Machenschaften des SED-Regimes aufgebaut“ werden sollte. Seit 1990 lebte er zurückgezogen in Rottach-Egern am Tegernsee.

Traueranzeige

26.06.2015 um 10:25 Uhr von WESER-KURIER
Hier können Sie die Traueranzeige platzieren, andere Bilder hochladen oder freien Text verfassen.